Was ist Taurin?

Taurin ist eine für den Menschen wichtige Aminosäure.1 Aminosäuren sind Moleküle, die im Körper am häufigsten verwendet und zu Ketten verbunden werden, um Protein zu bilden. Allerdings wird Taurin nicht in Proteinen verwendet. Es hat unter anderem folgende besondere Funktionen:

  • Bildung von Gallensalzen, die die Aufnahme von Fetten (Lipiden) und die Ausscheidung von Cholesterin, Hormonen und Toxinen über den Stuhl fördern.
  • Erhalt der richtigen elektrischen Ladung der Zellen durch Förderung der Flüssigkeitszufuhr und des Elektrolytgleichgewichts sowie Stabilisierung der Zellmembranen.
  • Wichtig für die richtige Funktion von Nerven und Muskeln.
  • Spielt eine entscheidende Rolle bei der Regulierung interner Zellfunktionen.
  • Wichtiges Antioxidans und entzündungshemmendes Element im Körper.
  • Unterstützung der Gesundheit und Funktion des Immunsystems.

Lebensmittel, in denen Taurin enthalten ist

Die Bezeichnung Taurin leitet sich vom lateinischen Wort taurus ab, das Stier oder Ochse bedeutet, da es erstmals 1827 aus Ochsengalle isoliert wurde. Taurin kommt außerdem in relativ hohen Konzentrationen in Stierhoden vor. Die wichtigsten Quellen für Taurin sind jedoch Fisch und andere Meeresfrüchte, Fleisch sowie Milchprodukte. 

Pflanzliche Lebensmittel enthalten im Allgemeinen wenig Taurin. Daher haben Menschen, die sich vegan ernähren, in der Regel einen niedrigeren Taurinspiegel. Bei Menschen, die regelmäßig viele taurinreiche Lebensmittel verzehren, beträgt die übliche tägliche Zufuhr 125–175 mg. Bei veganer Ernährung wird fast kein Taurin aufgenommen, während eine lakto-ovo-vegetarische Ernährung, die Milchprodukte und Eier enthält, etwa 15 mg Taurin pro Tag liefert.1

Auch der menschliche Körper bildet Taurin, vor allem in der Leber, wo es aus Cystein, einer anderen Aminosäure, synthetisiert wird. Ein gesunder Erwachsener produziert 50 bis 125 mg Taurin pro Tag. Vermutlich bildet der Körper weniger eigenes Taurin, wenn die Taurinzufuhr über die Nahrung höher ist. Zudem bildet die Leber weniger Taurin, wenn eine Person unter Stress steht oder mit gesundheitlichen Problemen wie einer eingeschränkten Leberfunktion, Fettleibigkeit, Diabetes, Infektionen und anderen Faktoren zu kämpfen hat. Darüber hinaus neigen Säuglinge und Kinder zu einem niedrigen Taurinspiegel, da sie nicht ausreichend Taurin produzieren (insbesondere Frühgeborene).1  

Da Taurin eine für den menschlichen Körper so wichtige Aminosäure ist und die körpereigene Produktion oft nicht den gesamten Taurinbedarf deckt, gilt Taurin als bedingt essentielle Aminosäure. Ein bedingt essentieller Nährstoff ist ein Nährstoff, den ein gesunder Organismus normalerweise in ausreichenden Mengen herstellen kann. Doch wenn der Körper nicht genug davon herstellt, muss eine angemessene Zufuhr durch die Ernährung oder durch Nahrungsergänzungsmittel sichergestellt werden. Weitere bedingt essentielle Nährstoffe sind Coenzym Q10Alpha-LiponsäureCarnitin und Glucosamin.

Gesundheitlicher Nutzen von Taurin

Es kursieren viele Mythen um Taurin, vor allem, weil es ein beliebter Bestandteil von Energydrinks ist. Allerdings gibt es auch viele wissenschaftliche Belege für seine wichtige Rolle bei der Förderung der Gesundheit und der Energieproduktion. 

So ist Taurin wichtig für die Gesundheit der Mitochondrien, der energieproduzierenden Zellbestandteile. Eine schwache Mitochondrienfunktion steht im Zusammenhang mit schnellerer Alterung, einer Beeinträchtigung des Stoffwechsels und der Herz-Kreislauf-Gesundheit sowie mit geringerer körperlicher und geistiger Energie. Mehrere experimentelle Studien haben gezeigt, dass eine Taurin-Supplementierung die Funktion der Mitochondrien unterstützt.2 Klinische Studien mit Menschen, die an einer beeinträchtigten Mitochondrienfunktion leiden, haben ebenfalls gezeigt, dass Taurin die Mitochondrienfunktion erheblich verbessert.3 Diese Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass einige der mit einer Taurin-Supplementierung beobachteten gesundheitlichen Vorteile auf die Unterstützung der Energieproduktion zurückzuführen sind.2,3

Körperliche Leistung

Taurin verbessert die Muskelkontraktion und verzögert die Muskelermüdung. Dies deutet auf einen möglichen Nutzen zur Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit hin.4 Eine detaillierte wissenschaftliche Übersichtsarbeit über 19 klinische Studien am Menschen zeigte, dass Taurin:

  • die Sauerstoffverwertung steigern kann,
  • die Muskelermüdung verzögern kann,
  • trainingsbedingte Muskelschäden reduzieren kann,
  • die Regenerationszeit verbessern kann,
  • Kraft und Leistung steigern kann.

Die Autoren vermuten, dass eine sichere und wirksame Dosis Taurin, um diese Effekte zu erzielen, 1–3 g eine Stunde vor dem Training beträgt. Im Allgemeinen stellten sich die beobachteten Vorteile in den Studien erst nach einem Zeitraum von ein bis drei Wochen ein.4

Herzgesundheit

Taurin ist auch unerlässlich zur Förderung der Kontraktion des Herzmuskels. Populationsbasierte Studien deuten darauf hin, dass eine höhere Taurinaufnahme mit der Herzgesundheit in Zusammenhang steht.5 Klinische Studien mit einer Taurin-Supplementierung bei Menschen zeigten mehrere Vorteile für die Herz- und Gefäßfunktion.6 Insbesondere trägt die Einnahme von Taurin zur Regulierung des Blutdrucks, der Herzfunktion und zu einem normalen Cholesterinspiegel bei. So ergab eine Doppelblindstudie, dass Probanden, die zwei Wochen lang dreimal täglich 500 mg Taurin einnahmen, den Gesamtcholesterinspiegel, die Triglyceridwerte und das C-reaktive Protein (CRP), einen mit Entzündungen assoziierten Blutmarker, deutlich senkten.7

Lebergesundheit und Gehirngesundheit

Die positiven Auswirkungen von Taurin auf die Gesundheit von Leber und Gehirn sind allgemein anerkannt. So ist etwa erwiesen, dass Taurin für den Schutz der Leber und des Gehirns vor toxischen Substanzen, darunter Pestizide, Herbizide und andere Umweltgifte, unerlässlich ist. In der Leber schützt Taurin nicht nur vor Leberschäden, sondern trägt auch zur Entgiftung von Schadstoffen bei. Im Gehirn schützt es die Zellen vor Toxinen und oxidativem Stress. Taurin beugt auch der Anhäufung von Ammoniak im Blut und den damit verbundenen schädlichen Auswirkungen auf Leber und Gehirn vor.2,8,9

Insulinempfindlichkeit

Eine Taurin-Supplementierung verbessert nachweislich auch die Empfindlichkeit gegenüber dem Hormon Insulin. Dieser Effekt kann die Regulierung des Blutzuckers und des Appetits unterstützen. Man nimmt an, dass ein Großteil der positiven Wirkungen von Taurin bezüglich der Insulinempfindlichkeit auf die antioxidativen und entzündungshemmenden Eigenschaften dieses Stoffes zurückzuführen ist.10,11 Es gibt jedoch möglicherweise einen weiteren wichtigen Mechanismus. In einer placebokontrollierten Doppelblindstudie wurde Taurin in einer Dosierung von 3 Gramm pro Tag sowohl an übergewichtige als auch an nicht übergewichtige Frauen verabreicht. Bei den Frauen in der Taurin-Gruppe zeigten sich weniger Blutmarker für Entzündungen und oxidative Schäden. Die Taurin-Supplementierung steigerte auch den Spiegel an Adiponektin, einem aus den Fettzellen stammenden Hormon, das die Insulinempfindlichkeit fördert. Daher könnte die Steigerung des Adiponektinspiegels ein weiterer Mechanismus sein, durch den Taurin die Insulinwirkung verbessert.12

Taurin hat in verschiedenen Tiermodellen mehrere weitere Mechanismen gezeigt, mit denen es zur Unterstützung eines gesunden Körpergewichts beiträgt. So hatte in einer Studie mit Mäusen, die fettreich ernährt wurden, die zusätzliche Gabe von 2 % Taurin eine deutliche Abnahme des Körpergewichts im Vergleich zur fettreichen Ernährung allein zur Folge. Diese Reduzierung der Körpermasse ist auf eine verringerte Genexpression in den Fettzellen zurückzuführen, die üblicherweise zu Fettansammlungen führt. Diese Ergebnisse sind vielversprechend, allerdings sei darauf hingewiesen, dass derzeit keine Studien am Menschen vorliegen, die eine gewichtsreduzierende Wirkung der Taurin-Supplementierung bestätigen.13

Gesundheit der Netzhaut

Taurin ist eine wichtige Aminosäure, die für eine optimale Entwicklung des Gehirns und der Nervenzellen erforderlich ist. Dies schließt auch die Netzhaut (Retina) ein, die für das Sehen verantwortlich ist. Tatsächlich liegt die höchste Konzentration von Taurin im menschlichen Körper in der Netzhaut vor. Im äußeren Bereich der Netzhaut, wo die Photorezeptoren das Licht in Nervenimpulse umwandeln, ist das meiste Taurin in der Netzhaut vorhanden. Man geht davon aus, dass Taurin nicht nur für die Entwicklung der Netzhaut, sondern auch für ihre Funktion und ihren antioxidativen Schutz unerlässlich ist. Ein niedriger Taurinspiegel in der Netzhaut kann eine Degeneration der Netzhaut und/oder Makula zur Folge haben.14  

Es ist bekannt, dass Säugetiere Taurin aus der Nahrung für eine normale Funktion der Netzhaut benötigen. Daher sollte man sich nicht auf die körpereigene Synthese verlassen, um den Taurinbedarf der Netzhaut zu decken. Bei Tieren, die taurinfrei gefüttert werden oder Mittel erhalten, die die Taurinverwertung blockieren, kommt es zu Netzhautdegeneration und Sehstörungen. Dieser Effekt wird auch in Humanstudien belegt. Viele Jahre lang, bis Mitte der 1980er Jahre, enthielten intravenöse Nährstofflösungen kein Taurin. Bei Kindern, die über einen längeren Zeitraum primär intravenös ernährt werden mussten, wurde festgestellt, dass ihr Sehvermögen aufgrund eines niedrigen Taurinspiegels eingeschränkt war.15 

Eine Taurin-Supplementierung ist sinnvoll, um die Gesundheit der Netzhaut zu unterstützen, da es für die Funktion der Mitochondrien, die antioxidativen Eigenschaften und den Schutz der Photorezeptoren der Netzhaut von großer Bedeutung ist. Eine Supplementierung mit Taurin hat sich auch in Tiermodellen mit eingeschränkter Netzhautfunktion als hilfreich erwiesen. Studien am Menschen haben gezeigt, dass ein niedriger Taurinspiegel zu einer schlechten Netzhautgesundheit führen kann, während ein höherer Taurinspiegel eine bessere Netzhautgesundheit zur Folge haben kann.16 

Fazit

Taurin ist eine lebenswichtige Aminosäure mit einzigartigen Funktionen: Unter anderem unterstützt es die Fettaufnahme, erhält die Flüssigkeitsversorgung der Zellen aufrecht und fördert die Nervenfunktion. Es ist in Fleisch, Meeresfrüchten und Milchprodukten enthalten, wobei der Gehalt in pflanzlichen Lebensmitteln geringer ist. Der Körper kann Taurin selbst herstellen, aber unter bestimmten Bedingungen kann eine Supplementierung erforderlich sein. 

Quellenangaben:

  1. Wu G. Important roles of dietary taurine, creatine, carnosine, anserine and 4-hydroxyproline in human nutrition and health. Amino Acids. 2020 Mar;52(3):329-360. 
  2. Jong CJ, Sandal P, Schaffer SW. The Role of Taurine in Mitochondria Health: More Than Just an Antioxidant. Molecules. 2021 Aug 13;26(16):4913.
  3. Ohsawa Y, Hagiwara H, Nishimatsu SI, et al. Taurine supplementation for prevention of stroke-like episodes in MELAS: a multicentre, open-label, 52-week phase III trial. J Neurol Neurosurg Psychiatry. 2019 May;90(5):529-536. 
  4. Kurtz JA, VanDusseldorp TA, Doyle JA, Otis JS. Taurine in sports and exercise. J Int Soc Sports Nutr. 2021 May 26;18(1):39. 
  5. Murakami S. Taurine and atherosclerosis. Amino Acids. 2014 Jan;46(1):73-80
  6. Qaradakhi T, Gadanec LK, McSweeney KR, et al. The Anti-Inflammatory Effect of Taurine on Cardiovascular Disease. Nutrients. 2020 Sep 17;12(9):2847.
  7. Ahmadian M, Roshan VD, Aslani E, Stannard SR. Taurine supplementation has anti-atherogenic and anti-inflammatory effects before and after incremental exercise in heart failure. Ther Adv Cardiovasc Dis. 2017 Jul;11(7):185-194. 
  8. Jakaria M, Azam S, Haque ME, et al. Taurine and its analogs in neurological disorders: Focus on therapeutic potential and molecular mechanisms. Redox Biol. 2019 Jun;24:101223.
  9. Heidari R, Jamshidzadeh A, Niknahad H, et al. Effect of taurine on chronic and acute liver injury: Focus on blood and brain ammonia. Toxicol Rep. 2016 Apr 13;3:870-879. 
  10. Sirdah MM. Protective and therapeutic effectiveness of taurine in diabetes mellitus: a rationale for antioxidant supplementation. Diabetes Metab Syndr. 2015 Jan-Mar;9(1):55-64. 
  11. Ahmed K, Choi HN, Yim JE. The Impact of Taurine on Obesity-Induced Diabetes Mellitus: Mechanisms Underlying Its Effect. Endocrinol Metab (Seoul). 2023 Oct;38(5):482-492. .
  12. Rosa FT, Feitas EC, Deminice R, Jordăo AA, Marchini JS. Oxidative stress and inflammation in obesity after taurine supplementation: a double-blind, placebo-controlled study. Eur J Nutr. 2014;53(3):823-830.
  13. Ahmed K, Choi HN, Yim JE. The Impact of Taurine on Obesity-Induced Diabetes Mellitus: Mechanisms Underlying Its Effect. Endocrinol Metab (Seoul). 2023 Oct;38(5):482-492. .
  14. García-Ayuso D, Di Pierdomenico J, Martínez-Vacas A, Vidal-Sanz M, Picaud S, Villegas-Pérez MP. Taurine: a promising nutraceutic in the prevention of retinal degeneration. Neural Regen Res. 2024 Mar;19(3):606-610.
  15. Ament ME, Geggel HS, Heckenlively JR, Martin DA, Kopple J. Taurine supplementation in infants receiving long-term total parenteral nutrition. J Am Coll Nutr. 1986;5:127–135.
  16. Güngel H, Erdenen F, Pasaoglu I, Sak D, Ogreden T, Kilic Muftuoglu I. New Insights into Diabetic and Vision-Threatening Retinopathy: Importance of Plasma Long Pentraxine 3 and Taurine Levels. Curr Eye Res. 2021 Jun;46(6):818-823.