Tafelzucker oder Saccharose, der aus der Zuckerrohrpflanze gewonnen wird, ist nach Getreide und Reis der am dritthäufigsten produzierte Rohstoff der Welt. Einige Geschichtswissenschaftler sind davon überzeugt, dass bereits vor Jahrtausenden die Einheimischen von Papa-Neuguinea Zuckerrohrwurzeln aufgrund ihrer Süße kauten. Im Laufe der Jahrhunderte begannen auch andere Kulturen damit, Zuckerrohr anzubauen − einschließlich der Griechen und Römer, die es als Heilelixier verwendeten.

Die Kommerzialisierung von Zucker und seine Verwendung zum Süßen von Lebensmitteln ist auf dessen großflächigen und zur Veredelung dienenden Anbau durch die Spanier und Portugiesen zurückzuführen, die die Pflanze zwecks Massenproduktion in der neuen Welt heimisch machten. Da Millionen von Menschen jenseits des Atlantiks ein großes Verlangen nach Zucker hatten, brachte Zucker die Wirtschaft einer Vielzahl von Ländern in Schwung. Der großflächige Zuckeranbau vergrößerte außerdem den Bedarf an kostenlosen Arbeitskräften, was den Sklavenhandel begünstigte. Die europäischen Nationen führten vom 16. bis zum 19. Jahrhundert zahlreiche Kriege, um die Zuckerproduktion und die daraus resultierenden Einnahmen zu kontrollieren.

Zucker hielt man anfangs für etwas, das der Gesundheit Vorteile versprach − ein Anspruch, der von einem bekannten animierten Musical aus den 1960er Jahren Unterstützung fand. Darin wurde behauptet, dass es hilfreich sei, bittere Medizin mit einem Löffel Zucker einzunehmen. In den letzten Jahrzehnten wurde der Massenkonsum von Zucker allerdings mit dem Anstieg von Fettleibigkeit und einer zunehmenden Zahl chronischer Erkrankungen in Verbindung gebracht.

‌‌‌‌Brauchen wir wirklich Zucker?

Viele von den kohlenhydratreichen Nahrungsmitteln der Menschen wie Reis, Weizen, Mais und Kartoffeln enthalten Vitamine und Mineralstoffe. Saccharose ist eine Form von Kohlenhydrat, die in Pflanzen, Obst und Gemüse vorkommt. Tafelzucker wird aus dem natürlichen Zucker raffiniert, der in diesen Pflanzen, Früchten und Gemüsesorten − wie beispielsweise Zuckerrüben und Zuckerrohr − enthalten ist.

Bei Zuckerzusätzen handelt es sich um kalorische Süßstoffe, die verarbeiteten Lebensmitteln zugesetzt werden. Diese unterscheiden sich von den künstlichen, nur sehr wenige Kalorien aufweisenden Süßstoffen. Die American Heart Association (AHA) und das National Health System (NHS) empfehlen einen täglichen Zuckerkonsum von nicht mehr als 5 % der Kalorienzufuhr einer 2.000-Kalorien-Diät. Das entspricht circa 25 Gramm Zuckerzusatz pro Tag. Viele Menschen auf der ganzen Welt nehmen pro Tag jedoch mindestens 100 Gramm Zucker zu sich. Diese zusätzliche Zuckermenge deckt aber keinen essenziellen Nährstoffbedarf, da dadurch nur leere Kalorien bereitgestellt werden.

Tafelzucker sorgt nicht nur für einen süßen Geschmack, an den wir gewohnt sind und nach dem wir häufig verlangen, sondern wird auch von Lebensmittelherstellern verwendet. Diese setzen ihn ihren Produkten zur Geschmacksverbesserung, Texturerzeugung, Verlängerung der Haltbarkeit und Optimierung von Tiefkühlung, Farbe und Feuchtigkeitsspeicherung hinzu.

Fast die Hälfte des in der Lebensmittelverarbeitung verwendeten Zuckerzusatzes findet man in mit Zucker gesüßten Getränken wie u. a. Cola, Fruchtdrinks, Sport- und Energiegetränken, Kaffee und sogar alkoholischen Getränken. Außerdem sind sie in Fertiggerichten, Milchprodukten (z. B. Fruchtjoghurt), Gewürzen wie Ketchup oder Relish, Aufstrichen und sogar Salatdressings vorhanden.

‌‌‌‌Warum spielt Zucker eine so große Rolle?

Der Zusatz von Zucker und dessen Allgegenwart stellt in der menschlichen Ernährung eine Entwicklung dar, die erst in jüngster Zeit eingesetzt hat. Aus evolutionärer Sicht haben wir als Spezies einen Geschmack für süße zuckerhaltige Lebensmittel entwickelt, da diese einen hohen Kaloriengehalt besitzen. Ferner diente die Süße auch als Hinweis auf die Sicherheit von Lebensmitteln − eine Art Schutz gegenüber dem bitteren, unangenehmen Geschmack von giftigen oder faulenden und uns krank machenden Lebensmitteln. 

Zwar hat sich unsere Ernährungsweise weiterentwickelt und wir riskieren nicht mehr unser Leben für unsere tägliche Nahrung, doch funktioniert unser Gehirn noch immer nach dem gleichen Schema. Sobald wir Zucker zu uns nehmen, wird unser Belohungssystem in Gang gesetzt. Dopamin, das „Wohlfühl“-Signalmolekül im Gehirn und Teil des Belohnungssystems, wird freigesetzt, sobald wir in einen zuckerhaltigen Snack beißen. Das macht unser anhaltendes Verlangen nach Zucker dann noch stärker.

Was Zucker betrifft, so sind der Belohnungsweg wie auch die Dopaminreaktion stark ausgeprägt. Wir finden uns schließlich in einem Kreislauf wieder, in dem wir immer mehr wollen, nach immer mehr verlangen und das Gefühl haben, wir bräuchten mehr. Das ist die gewünschte Reaktion, auf die sich einige Nahrungsmittelhersteller verlassen, damit wir vom Zucker nicht loskommen.

‌‌‌‌Zucker und Ihre geistige Gesundheit

Ein übermäßiger Zuckerkonsum wirkt sich eventuell negativ auf die geistige Gesundheit aus. In einer prospektiven Studie sahen Forscher im Vereinigten Königreich − nach Durchführung mehrerer Umfragen anhand von Fragebögen zur Ernährung und psychischen Gesundheit − einen Zusammenhang zwischen einem hohen Verzehr von Tafelzucker durch den Konsum süßer Speisen und Getränke und einem erhöhten Depressionsrisiko.

In einer von Knüppel und anderen durchgeführten Studie wurde beobachtet, dass Zucker verschiedene Neurotransmitter im Gehirn und die Rezeptoren für diese Neurotransmitter, insbesondere Dopamin, beeinflussen kann und zur Entwicklung einer gewohnheitsmäßigen Zuckeraufnahme beiträgt.

Wichtig ist es aber, daran zu erinnern, dass diese Studie zwar eine Verbindung zwischen hohem Zuckerkonsum und gesteigerten Raten von Depressionen festgestellt hat, Depressionen aber auch einen Anstieg des Verlangens und Konsums zuckerhaltiger Lebensmittel bedingen können.

Eine weitere von Forschern an der University of California in Davis durchgeführte Studie verglich Süßmittel aus Sucrose mit künstlichen aus Aspartam hergestellten Süßmitteln. Die Studie belegte, dass mit Saccharose gesüßte Getränke das Stresshormon Cortisol hemmen. Sucrose aktivierte ebenfalls den Hippocampus − der Teil des Gehirns, der für Gedächtnis, Lernen, emotionale Reaktionen und das Verhalten verantwortlich ist.

Normalerweise wird während eines Stressmoments Kortisol freigesetzt, das dem Körper signalisiert, zur Einleitung der „Kampf-oder-Flucht-Reaktion“ die aus der Nahrung gewonnene Energie zu nutzen. Daraufhin fordert der Hippocampus den Körper dazu auf, die Freisetzung der Hormone zu regulieren. In dieser Studie zeigte sich, dass Zucker diese Reaktion hemmt und gleichzeitig die Freisetzung der stressbedingten Kortisolsekretion verlangsamt, wodurch ein Gefühl der Sicherheit und des Behagens hervorgerufen wird. Das kann zu einem Verlangen nach Zucker und der damit zusammenhängenden Wirkung von Stressabbau im Körper und Gehirn beitragen, was in Zeiten voller Stress auch das Verlangen nach „Komfortnahrung“ verstärkt.

Aus diesem Grund kann das größere Verlangen sowie der verstärkte Wunsch und die intensiver wahrgenommene Notwendigkeit nach Zucker zu einem erhöhten Fettleibigkeitsrisiko und anderen chronischen Erkrankungen führen − und das insbesondere bei Menschen, die unter Bedingungen oder in Gemeinschaften leben, in denen Stress häufiger vorkommt.

‌‌‌‌So erkennt man Zuckerzusatz

In historischer Hinsicht sah die Spezies Mensch sich der Gefahren von Raubtieren und giftiger Nahrung ausgesetzt, was mit unmittelbarer Krankheit oder Tod einherging. Zwar besteht diese Gefahr heutzutage nicht mehr, doch bedeuten neue Gefahren möglicherweise ein höheres Risiko, zukünftig an chronischen Leiden zu erkranken. Deshalb ist es wichtig zu wissen, wie man Nahrungsmittel mit eventuellem Zuckerzusatz beim nächsten Einkauf erkennen kann.

Zwar ist etwas Detektivarbeit notwendig, doch aufgrund der Vorschriften vieler Lebensmittelbehörden wird Zuckerzusatz jetzt auf den Lebensmitteletiketten von Lebensmitteln und Getränken ausgewiesen. Sie können auch die Liste mit den Bestandteilen durchgehen.

Zuckerzusätze können aus verschiedene Quellen stammen und unterschiedliche Namen aufweisen, einschließlich:

  • Rohrzucker
  • Sirup oder Süßmittel aus Mais
  • Sucrose
  • Molasse
  • Farinzucker
  • Fruchtsaftkonzentrate 

‌‌‌‌4 Zuckeralternativen

Es gibt viele Ersatzprodukte für Tafelzucker einschließlich kalorienfreie Süßmittel, die dazu verwendet werden können, um Ihre Speisen Süße und leckeren Geschmack zu verleihen. 

Stevia

Einige kalorienfreie Süßstoffe wie Sucralose werden synthetisch hergestellt, andere hingegen wie Stevia stammen von Pflanzen und sind rein natürlich.

Stevia ist für viele eine attraktive Lösung, da es über einen sehr geringen Brennwert verfügt, wenn man es mit der Menge an Tafelzucker vergleicht, die zur Erlangung der gleichen gewünschten Süße notwendig ist. Aus diesem Grund ist dies vielleicht eine gute Alternative, wenn Sie vorhaben, Gewicht zu verlieren.

Xylitol

Zuckeralkohole wie Xylitol sind eine weitere Alternative. Der Name verwirrt einige vielleicht, da man denke könnte, dass sie Alkohol enthalten, aber diese Alkohole beinhalten kein Ethanol, was in alkoholischen Getränken vorhanden ist. Zuckeralkohole kommen in einigen Früchten und industriell verarbeiteten Lebensmitteln wie Schokolade, Kaugummi und Zahnpasta vor.

Kokosnusszucker

Schließlich ist auch natürlicher Zucker − wie z.B. aus Kokosnuss gewonnener − ein weiterer Zuckerersatz, der als eine gesündere Alternative zu anderen Produkten gilt. Kokosnusszucker  verfügt augenscheinlich über mehr Nährstoffe als Zuckerrohr.

Obwohl eine Studie einen größeren Gehalt an Vitamin C und B-Komplex in Kokosnusssaft festgestellt hat, zerstört der Granulationsprozess des Saftes diese Vitamine und Mineralien möglicherweise.

Honig

Honig und Honigpulver werden ebenfalls als Zuckeraustauschstoffe angepriesen, da sie Antioxidantien enthalten, aber ihr Nährstoffgehalt ist minimal, und Honig ist außerdem immer noch eine Zuckervariante.

‌‌‌‌Es gibt kein Zaubermittel, das als Ersatz dienen kann

Beim Lebensmitteleinkauf oder Lesen von Lebensmitteletiketten gibt es keinen Ersatz für die ernährungsphysiologischen Vorteile oder natürlichen Heilkräfte, die von unverarbeitetem Obst und Gemüse ausgehen. In unserer Gesellschaft haben wir uns völlig an die Bequemlichkeit gewöhnt, dass Säfte, Mahlzeiten und Dessert nach unseren Wünschen hergestellt werden. Der Preis der Bequemlichkeit wird uns nicht sofort in Rechnung gestellt, sondern eher heimtückisch in Form einer Reihe chronischer Erkrankungen.

Vermeiden Sie bei Ihrem nächsten Supermarktbesuch so weit wie möglich den Mittelgang, denn an dieser Stelle befinden sich die Mehrzahl der verarbeiteten Lebensmittel. Lebensmittelhersteller sind letztendlich nichts anderes als Unternehmen, die versuchen, Umsatz zu machen. Der Begriff „rein natürlich“ bedeutet nicht, dass der Bestandteil gesünder ist, sondern einzig, dass er in der Natur vorkommt. Wenn Sie sich für Zuckerersatz entscheiden, wählen Sie ein Produkt, das Ihren Zielen und Geschmacksvorlieben entspricht, und behalten Sie das zuvor Gesagte in Erinnerung.

Denken Sie daran: Gesundheit ist nicht nur eine Sache des Körpers, sondern auch des Geistes und der Gefühle. Wenn Sie oder jemand, den Sie kennen, Symptome von Depression, Angst oder andere beunruhigende, unerklärliche Symptome aufweist, wenden Sie sich an Ihren Arzt bzw. einen psychiatrischen Betreuer oder rufen Sie im Falle einer ernsten Situation den Notdienst an. Sollten Sie sich bemühen, eine gesunde Ernährung auf Grundlage von unverarbeitetem Obst und Gemüse einzuhalten und gleichzeitig auf den Zusatz von Zucker zu achten, sind Sie auf dem richtigen Weg zu einem gesunden Geist und Körper.

Quellen:

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  2. Asghar, M., Yusof, Y., Mokhtar, M., et al; Coconut (Cocos nucifera L.) sap as a potential source of sugar: Antioxidant and nutritional properties. Food science & nutrition. 2019. 8(4): p. 1777-1787.
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  4. Knüppel, A., Shipley, M., Llewellyn, C., & Brunner, E.; Sugar intake from sweet food and beverages, common mental disorder and depression: prospective findings from the Whitehall II study. Scientific reports. 2017. 7(1).
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  7. Tryon, M., Stanhope, K., Epel, E., et al.; Excessive Sugar Consumption May Be a Difficult Habit to Break: A View From the Brain and Body. The J of Clin Endo and Met. 2015. 100(6): p. 2239-2247.