Die Wiederaufnahme des Trainings nach einer längeren Pause kann frustrierend sein. Es ist normal, dass man sich nach einer längeren Trainingspause überfordert und ratlos fühlt. Das gilt besonders, wenn man eine schwere Verletzung oder Krankheit überwunden hat, die alles bisher Erreichte zunichte gemacht hat.

Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie im Training zurückgeworfen wurden, dann sind Sie nicht allein. Vielen, die auf dem Weg der Besserung sind und wieder ins Training einsteigen, geht es ähnlich. 

Denken Sie daran, dass es bei einem starken Wiedereinstieg um mehr geht als um den körperlichen Aspekt der Leistung. Ja, es ist wichtig, wie Sie körperlich Ihr Training fortsetzen, aber genauso wichtig ist es, wie Sie sich geistig auf diesen Prozess vorbereiten. 

In diesem Artikel erkläre ich Ihnen, wie Sie Ihr Training nach einer Krankheit wieder richtig aufnehmen können, und weise auf einige wichtige Nährstoffe hin, die Ihnen helfen können, Ihre alte Form wiederzuerlangen.

Haftungsausschluss: Ich bin kein Arzt, und der Wiedereinstieg ins Training fällt bei jedem Menschen je nach seinen individuellen Erfahrungen und seinen körperlichen Voraussetzungen etwas anders aus. Wenn Sie durch eine schwere Krankheit außer Gefecht gesetzt waren, sollten Sie einen Arzt konsultieren, um zu erfahren, ob Sie wieder trainieren können. Wenn Sie Ihr Training wieder aufnehmen, gehen Sie es bitte langsam an und nutzen Sie die folgenden Informationen als Anregung und nicht als starre Regeln.

Wie Sie Ihr Training wieder aufnehmen

Um Ihr Training nach einer längeren Pause wieder richtig in Schwung zu bringen, müssen Sie diese drei wichtigen Aspekte verstehen und verinnerlichen: 

1. Ihr Wiedereinstieg ist individuell

Erstens müssen Sie verstehen, dass niemand sonst genau den selben Trainingseinstieg haben wird wie Sie. Es kann etwas länger dauern, bis Sie Ihr reguläres Trainingsniveau wieder erreichen, im Vergleich zu Ihren Trainingskollegen, die wegen etwas Ähnlichem außer Gefecht gesetzt waren. Wenn man sich diese Tatsache frühzeitig bewusst macht, kann man die Erwartungen dämpfen und Enttäuschungen oder erneute Verletzungen durch zu frühe und zu starke Trainingsbelastung vermeiden. 

Wie sehr Kraft, Leistung und Ausdauer Sie während einer längeren Auszeit abnehmen, hängt weitgehend von individuellen Faktoren ab, wie z. B. Ihrem Alter, Ihrer Trainingsgeschichte, Ihren Genen, der Dauer der Trainingspause, dem Ausmaß der Verletzung oder Krankheit und vielem mehr. 

Sie können sich eine Menge Stress und Rückschläge ersparen, wenn Sie einfach Ihren individuellen Fall anerkennen und Ihren Wiedereinstieg nicht mit anderen vergleichen. Geben Sie sich Raum und Zeit, um wieder zu Kräften zu kommen.

2. Überstürzen Sie den Prozess nicht

Zweitens gibt es keinen Grund, überstürzt wieder einzusteigen und davon auszugehen, dass man genau dort weitermacht, wo man aufgehört hat. Im Allgemeinen beginnen Kraft, Leistung und Ausdauer etwa drei Wochen nach Ende des Trainings merklich abzunehmen. Wenn Sie mehrere Wochen lang nicht trainiert haben, ist es unvernünftig zu erwarten, dass Ihr Körper auf demselben Leistungsniveau ist wie vor der Trainingspause. 

Kraftsportler tappen häufig in eine Falle, wenn sie nach einer Krankheit oder Verletzung das Training wieder aufnehmen, und die sieht oft etwa so aus: 

  • Klassische Denkweise: „Ich war vier Wochen lang außer Gefecht gesetzt. Aber ich habe diese Übung schon vor der Pause gemacht und fühle mich jetzt gut, also mache ich einfach da weiter, wo ich aufgehört habe.“
  • Was passiert: Sie kehren zu ihrem früheren Trainingsprogramm zurück, und zwar mit der gleichen Intensität und dem gleichen Umfang wie vor ihrer Auszeit.
  • Die Realität schlägt zu: Ein paar Tage vergehen und Schmerzen und Erschöpfung stellen sich ein. Danach müssen sie eine weitere kleine Trainingspause einlegen.

Kommt Ihnen das bekannt vor? Ich glaube, dass jeder mindestens einmal in seiner Trainingslaufbahn in diesen Kreislauf gerät. Mir ist das sicherlich auch schon passiert. Um dieses Szenario zu vermeiden, ist es wichtig, einen vernünftigen Zeitplan für die Wiederaufnahme des Trainings aufzustellen.

3. Halten Sie sich an die Halbwertszeitregel

Die Halbwertszeitregel ist eine einfache Methode, um das Training nach einer längeren Pause wieder aufzunehmen. Denken Sie daran, dass Sie bei der Anwendung der Halbzeitregel Ihre individuellen Umstände berücksichtigen müssen.

Nach dieser Regel nimmt man die Gesamtzeit, in der man krank, verletzt oder anderweitig vom Training ausgeschlossen war, und halbiert sie, um ein besseres Verständnis dafür zu bekommen, wann man vernünftigerweise erwarten kann, zu jenem Leistungsniveau zurückzukehren, bevor das Training unterbrochen wurde. 

Wenn Sie z. B. eine zweimonatige Trainingspause einlegen, müssen Sie damit rechnen, dass Sie einen Monat brauchen, um Ihr früheres Fitnessniveau wieder zu erreichen. 

Ich empfehle die Einhaltung der Halbwertszeitregel, denn sie ist: 

  • universell: Diese Regel kann von so gut wie jedem angewendet werden, der über einen irgendwie gearteten regelmäßigen Trainings-Background verfügt.
  • einfach zu befolgen: Die Halbwertszeitregel ist einfach, gibt aber eine klare, vernünftige Schätzung darüber ab, wie lange es dauern wird, bis Sie wieder Ihr Ausgangsniveau erreicht haben. 
  • wissenschaftlich nachgewiesen: Sie basiert auf Forschungsergebnissen und bewährten Trainingspraktiken und kann von Fall zu Fall angepasst werden.

Die Anwendung der Halbzeitregel kann helfen, übereifrige Köpfe in Schach zu halten, um Verletzungen zu vermeiden und realistische Erwartungen aufzubauen.

Halbwertszeitregel – was die Forschung sagt

Wie bereits erwähnt, ist die Halbwertszeitregel das Ergebnis einer Synthese von Forschung und Erfahrung, um eine grundlegende Richtlinie zu schaffen. Mehrere Studien untersuchten die Zeiträume von Training, Trainingsabbau (oder den Verlust von Fitness aufgrund von Trainingsmangel) und Trainingsaufbau, um auf die Halbwertszeitregel zu kommen. 

In einer kleinen Studie aus dem Jahr 2019 unterzogen sich ältere Männer und Frauen einem 12-wöchigen Training, gefolgt von einer 16-wöchigen Pause. Nach 8 Wochen Trainingsaufbau erreichten sie wieder die Kraft, die sie nach dem Training hatten.1 

In einer weiteren kleinen Studie aus dem Jahr 2008 mit älteren Männern und Frauen wurden die Veränderungen der Muskelkraft nach 24 Wochen Training, 24 Wochen Trainingsabbau und 12 Wochen Trainingsaufbau untersucht.2 Die Teilnehmer erlangten nach 12 Wochen Trainingsaufbau die meiste, aber nicht die gesamte während des Trainingsabbau verloren gegangene Kraft zurück. 

Dies könnte darauf hindeuten, dass mit zunehmender Dauer des Trainingsabbaus die Halbwertszeitregel realistischen Trainings-Wiederaufnahmezeiten nicht mehr so genau vorhersagt. Wenn Sie eine längere Trainingspause eingelegt haben, kann es länger als die Hälfte der Zeit dauern, bis Sie Ihre volle Fitness wiedererlangen. 

Einschränkungen der Regel

Die Halbwertszeitregel gibt Ihnen einen allgemeinen Anhaltspunkt dafür, wann Sie damit rechnen können, Ihre Fitness von vor der Krankheit wiederzuerlangen – sie hat jedoch ihre Grenzen.

Die erste erwähnenswerte Einschränkung ist, dass Sie die Halbzeitregel nicht anwenden können, wenn Ihre Trainingsunterbrechung länger als ein Jahr dauert. Warum? Wenn Ihr Trainingsrückstand mehr als ein Jahr beträgt, sind die Verluste an Muskeln, Kraft, Ausdauer und anderen Leistungsfaktoren von Person zu Person sehr unterschiedlich.

Eine Studie aus dem Jahr 2017 untersuchte die Auswirkungen längerer Trainings-, Trainingsabbau- und Trainingsaufbauzeiten bei älteren Erwachsenen.3 Die Teilnehmer befolgten einen 12-monatigen Trainingsplan, trainierten dann 12 Monate lang nicht und absolvierten anschließend eine 9-monatige Trainingsaufbauphase. Die Autoren maßen während des Trainingsaufbauzeitraums nach 3, 6 und 9 Monaten verschiedene Marker für die funktionelle Fitness.

Sie fanden heraus, dass für die Flexibilität ein Zeitrahmen von 3 Monaten ausreichte, um das vor dem Trainingsabbau erreichte Niveau wiederherzustellen. Es dauerte jedoch mehr als 9 Monate, bis die Ausdauer-, Gleichgewichts- und Kraftparameter wieder ihr früheres Niveau erreichten.

Diese nützlichen Informationen unterstreichen, dass längere Auszeiten längere Trainingsaufbauphasen erfordern, um wieder vollständig das gleiche Fitnessniveau wie vor der Unterbrechung des Trainings zu erreichen. 

Wenn Sie nach einer längeren Krankheit oder Verletzung zum Training zurückkehren, ist es am besten, wenn Sie einen längeren Zeitraum einplanen, als Sie erwarten. Um optimale Ergebnisse zu erzielen und erneute Verletzungen zu vermeiden, sollten Sie den Umfang und die Intensität langsam steigern, je nachdem, wie Ihr Körper reagiert.

Unterstützen Sie Ihre Rückkehr zur Fitness

Unabhängig davon, ob Sie wegen einer Krankheit oder Verletzung eine Trainingspause eingelegt haben, kann Ihr Körper zusätzliche Unterstützung gebrauchen, wenn Sie daran arbeiten, Kraft, Leistung und Ausdauer wiederzuerlangen. Achten Sie darauf, dass Sie nährstoffreiche Lebensmittel essen, die Ihren Körper mit den Nährstoffen versorgen, die er zur Genesung braucht. 

Ziehen Sie Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel in Betracht, die reich an diesen für die Erholung besonders wichtigen Nährstoffen sind: 

  • Eiweiß: Krankheit, Verletzungen und Trainingspausen können zu Muskelabbau führen. Eiweiß ist wichtig für den Muskelaufbau, daher sollten Sie sicherstellen, dass Sie genügend Protein zu sich nehmen um eingebüßte Muskelmasse wieder aufzubauen. Wenn Sie Probleme hast, genügend Eiweiß über die Nahrung aufzunehmen, können Sie einen Eiweißpulver-, Molkenprotein- oder Aminosäurenpulver-Smoothie ausprobieren.
  • Vitamin C: Vitamin C ist wichtig für das Wachstum, die Entwicklung und die Reparatur von Zellen im ganzen Körper. Es spielt auch eine Rolle bei der Synthese von Kollagen, das für Muskeln und Sehnen wichtig ist. 
  • Zink: Ihr Körper braucht ausreichend Zinkfür Wundheilung und Zellwachstum.
  • Kalzium: Kalzium ist nicht nur wichtig für die Gesundheit der Knochen, sondern fördert auch die Regulierung der Muskelkontraktion. 
  • Vitamin D: Vitamin D ist an zahlreichen Körperprozessen beteiligt und unterstützt den Körper bei der Kalziumaufnahme. Niedrige Werte können die Genesung von einer Viruserkrankung verlangsamen. 
  • Kreatin: Das von Natur aus im Körper produzierte Kreatin kann Ihnen helfen, stärkere Muskeln aufzubauen und die Muskelmasse mit der Zeit zu steigern.
  • Glucosamin: Einige Untersuchungen deuten darauf hin, dass die Supplementierung mit Glucosamin die Flexibilität nach Weichteilverletzungen deutlich verbessern kann.4
  • Flüssigkeitszufuhr:Die ausreichende Flüssigkeitszufuhr unterstützt alle Vorgänge im Körper, auch die Erholung und das Wachstum der Muskeln. Auch bei der Genesung nach einer Krankheit ist sie von großer Bedeutung. Um sicherzustellen, dass Sie genug trinken, sollten Sie stets eine gefüllte wiederverwendbare Wasserflasche mit sich führen. 

Neben wichtigen Nährstoffen für die Genesung sollten Sie auch andere Maßnahmen zur Selbstfürsorge ergreifen, um wieder fit zu werden. Die Forschung zeigt, dass Massagen nach einem Training die Erholung der Muskeln fördern und Muskelkater lindern können. Die Verwendung einer Salbe mit Arnika kann ebenfalls zur Lindeurng von Muskelkater beitragen. 

Fazit

Denken Sie daran, dass die Rückkehr zur Fitness nach einer Krankheit oder Verletzung ganz individuell – bei jedem Menschen ist die Genesung anders. Nutzen Sie die Halbwertszeitregel, um einen realistischen Zeitrahmen für Ihr Training abzuschätzen, und hören Sie auf Ihren Körper. Anhand Ihrer Erschöpfung und Ihres Muskelkaters können Sie abschätzen, wie viel und wie hart Sie trainieren sollten, wenn Sie wieder mit dem Training beginnen.

Am wichtigsten ist, dass Sie den Prozess genießen. Seien Sie sich bewusst, dass Sie Ihr normales Fitness- und Trainingsniveau mit der Zeit wieder erreichen werden – es gibt keinen Grund zur Eile. Ein strategischer und langsamer Aufbau bringt mehr Erfolg als ein Sprint zum Ziel.

Quellenangaben:

  1. Sakugawa, R., Moura, B., Orssatto, L., Bezerra, E., Cadore, E., & Diefenthaeler, F. (2018). Effects of resistance training, detraining, and retraining on strength and functional capacity in elderly. Aging Clinical And Experimental Research, 31(1), 31-39.
  2. Taaffe, D., Henwood, T., Nalls, M., Walker, D., Lang, T., & Harris, T. (2008). Alterations in Muscle Attenuation following Detraining and Retraining in Resistance-Trained Older Adults. Gerontology, 55(2), 217-223.
  3. Lee, M., Lim, T., Lee, J., Kim, K., & Yoon, B. (2017). Optimal retraining time for regaining functional fitness using multicomponent training after long-term detraining in older adults. Archives Of Gerontology And Geriatrics, 73, 227-233. 
  4. Ostojic SM, Arsic M, Prodanovic S, Vukovic J, Zlatanovic M. Glucosamine administration in athletes: effects on recovery of acute knee injury. Res Sports Med. 2007;15(2):113-124. doi:10.1080/15438620701405248