Die erste Frage, die Menschen Vegetariern oder Veganern meistens stellen, ist „Woher bekommen Sie Ihr Protein?“ Es ist ein gängiger Irrglaube, dass Eiweiß nur aus Fleisch stammen kann. Auch wenn Fleisch über einen hohen Proteingehalt verfügt, sollte es die pflanzlichen Eiweißstoffe nicht in den Schatten stellen.

Sich fleischlos zu ernähren, bedeutet nicht, die empfohlene tägliche Menge an Protein nicht erreichen zu können. Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen sind allesamt wunderbare fleischlose Proteinquellen, die bei erwachsenen Vegetariern oder Veganern eine ausreichende Zufuhr sicherstellen können.

‌‌‌‌4 Typen vegetarischer Ernährung

Es gibt viele unterschiedliche Ernährungsformen, die ohne Fleisch auskommen. Im Folgenden sind die bekanntesten fleischlosen Ernährungsformen aufgeführt.

  1. Lacto-Ovo-Vegetarisch – Stellt den häufigsten Typen vegetarischer Ernährung dar und wird typischerweise einfach als Vegetarismus verstanden. Diese Ernährungsform vermeidet Rindfleisch, Schweinefleisch, Geflügel, Fisch, Schalen- und Krustentiere oder Tierfleisch jeglicher Art, beinhaltet aber Eier und Milchprodukte. Das Wort „Lacto“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Milch und „Ovo“ bedeutet Ei.
  2. Lacto-Vegetarisch – Diese Ernährungsform vermeidet Fleisch, Fisch, Geflügel und Eier, beinhaltet aber Milchprodukte wie Milch und Käse.
  3. Ovo-Vegetarisch – Diese Ernährungsform vermeidet Fleisch, Geflügel, Meeresfrüchte und Milchprodukte, schließt aber Eier ein.
  4. Vegan – Diese Ernährungsform schließt sämtliche Tierprodukte aus, darunter Fleisch, Milchprodukte, Eier und Honig.

‌‌‌Warum sind Proteine wichtig?

Proteine bestehen aus Aminosäuren und sind ein wichtiger Bestandteil all Ihrer Zellen. Der Körper verwendet Protein, also Eiweiß, zum Aufbau und zur Reparatur von Gewebe. Es ist außerdem für den Aufbau von Knochen, Muskeln, Knorpeln, Haut und Blut verantwortlich. Proteine werden ebenfalls für die Produktion von Enzymen und Hormonen im Körper verwendet. 

Wenn die entsprechende Menge an Protein über einen längeren Zeitraum fehlt, besteht die Gefahr, dass Ihnen diese Schlüsselfunktionen verlorengehen. Dazu ist es jedoch wichtig zu wissen, dass ein Proteinmangel sehr selten auftritt, und man leicht alle nötigten Proteine zu sich nehmen kann, ohne Fleisch zu essen.

‌‌‌‌Wie viel Protein benötige ich?

Der DRI-(Dietary Reference Intake)-Referenzwert für Protein beträgt 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht oder 0,36 Gramm pro Pfund. Wenn Sie also zum Beispiel 68 Kilogramm bzw. 150 Pfund wiegen, benötigen Sie etwa 54 Gramm Protein täglich. Alternativ könnten Sie anstreben, 10–15 % Ihrer täglichen Kalorienzufuhr aus Proteinen stammen zu lassen. 

Die Menge, die Sie täglich benötigen, hängt außerdem von Ihrem Alter, Geschlecht und der Menge der körperlichen Betätigung ab. Jeder dieser Faktoren kann Ihren täglichen Proteinbedarf erhöhen. Wenn Sie sich Gedanken um eine ausreichende Proteinzufuhr machen, ist es sinnvoll, eine*n zugelassene*n Ernährungsberater*in zu konsultieren.

‌‌‌‌Was sind Beispiele für vegetarische Proteinquellen?

Vegetarische Proteinquellen sind unter anderem (jedoch nicht beschränkt auf) Bohnen: Kidneybohnen, Pintobohnen, schwarze Bohnen, Kichererbsen, Spalterbsen, Linsen und Soja. Diese Nahrungsmittel sind wunderbare Quellen planzlichen Proteins und bieten außerdem weitere Nährstoffe wie Eisen und Zink. Sie sind tierischen Proteinen ähnlich und können laut USDA (United States Department of Agriculture) zur Gruppe der Proteine oder pflanzlichen Nahrungsmittel gezählt werden. Für Fleischesser gelten Bohnen und Hülsenfrüchte als als pflanzliche Quellen, aufgrund ihres ernährungsphysiologischen Inhalts anBallaststoffenFolat und Kalium

Die meisten vegetarischen Proteine, mit Ausnahme von Soja und Quinoa, sind keine vollständigen Proteine. Das bedeutet, dass sie nur einige der neun essentiellen Aminosäuren bieten. Machen Sie sich jedoch keine Gedanken – unvollständige Proteine können über den Tag verteilt kombiniert gegessen werden, damit Sie all die nötigen Nährstoffe erhalten.

Beispiele für vegetarisches Protein

  • Seitan ist das proteinreichste aller vegetarischen Proteine. Er wird aus Gluten hergestellt, dem Hauptprotein des Weizens. Er verfügt über ca. 25 Gramm Protein pro 100 Gramm, was ihn zum proteinreichsten unter den vegetarischen Proteinen macht. Seitan ist eine der beliebtesten Sorten des Fleischersatzes und wird häufig verwendet, da er in Textur und Aussehen eine große Ähnlichkeit mit Fleisch aufweist.
  • Mungbohnen sind oft schwer im Laden zu finden, können allerdings leicht online bestellt werden. Diese Hülsenfrüchte werden völlig unterbewertet, verfügen sie doch über 14 Gramm Protein pro Becher gekochter Bohnen. Mungbohnen werden typischerweise in Salaten, Suppen und Pfannengerichten gegessen.
  • Tofu, Tempeh und Edamame sind alle Beispiele vollständiger vegetarischer Proteine. Tofu wird hergestellt, indem Sojabohnen zusammengepresst werden. Ähnlich wie bei der Käseherstellung. Tempeh wird aus fermentierten Sojabohnen hergestellt, die zusammengepresst werden. Beide Proteinquellen verfügen über etwa 10–19 Gramm Protein pro 100 Gramm. Tofu und Tempeh werden gern zum Kochen verwendet, da sie den Geschmack anderer Lebensmittel sehr gut aufnehmen. Bei der Zubereitung von Tofu sollten Sie darauf achten, dass das Wasser zuerst ausgepresst wird; Tempeh hingegen kochen oder dampfgaren Sie zuerst, um einen weniger bitteren Geschmack zu erhalten.
  • Linsen sind in vielen Arten erhältlich, doch die grünen und roten sind die beliebtesten. Diese werden nicht nur gern genommen, sondern sind auch einfach zuzubereiten. Geben Sie einfach die Linsen in Wasser und kochen Sie sie, bis sie gar sind. Eine Tasse gekochter Linsen liefert etwa 18 Gramm vegetarisches Protein.
  • Nährhefe– manchmal auch als „nooch“ bezeichnet – ist eine weitere vollständig vegetarische Proteinquelle. Dieses Nahrungsmittel kann man vielen Gerichten hinzufügen, entweder man mischt sie bei oder streut sie als Topping oben drauf. Nährhefe kann Gerichten einen zusätzlichen Proteinkick und einen nussigen oder käsigen Geschmack verleihen und bietet 3 Gramm Protein pro Esslöffel. Darüber hinaus verfügt Nährhefe nicht nur über Protein, sondern auch über B-Vitamine, einschließlich B12.
  • Hanfsamen sind eine tolle Ergänzung zu Smoothies und werden gerne als Topping für Salate verwendet. Hanfsamen beinhalten 10 Gramm Protein pro Unze (28 Gramm) – das sind 50 % mehr als Chiasamen und Leinsamen es tun, die ebenfalls zu den vegetarischen Proteine gehören. Diese Samen verfügen nicht nur über einen hohen Proteingehalt, sondern man geht auch davon aus, dass sie über das optimale Gleichgewicht zwischen Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren verfügen.

Wenn es bei Ihnen zeitlich mal eng wird, kann fast fertiges Essen mit sehr kurzer Zubereitungszeit Ihnen dabei helfen, Ihren Bedarf an vegetarischem Protein für den Tag abzudecken. Versuchen Sie, Ihre Speisekammer mit pflanzlichen Proteinpulvern, Müsli oder Snacks auf Bohnenbasis zu füllen.

‌‌‌‌Ein vollständiger Tag mit proteinreicher Ernährung für Vegetarier

Frühstück:      

  • 85 g Haferflocken (6 Gramm Protein)
  •  220 g Soja-Joghurt (9 Gramm)
  •  80 g Erdbeeren (0 Gramm) 

Mittagessen:       

  • 2 Scheiben Vollkornbrot (7 Gramm)
  • 2 Esslöffel Hummus (5 Gramm)
  • 150 g gekochte schwarze Bohnen (14 Gramm)
  • 30 g Spinat (1 Gramm)

Abendessen:       

  • 140 g fester Tofu (12 Gramm)
  • 150 g gekochter Brokkoli (4 Gramm)
  •  2 Esslöffel Nährhefe (6 Gramm)

Snack:      

Gramm Protein insgesamt: 72       

*Fügen Sie auf jeden Fall zusätzliche Nahrungsmittelgruppen hinzu, um ausgewogene Gerichte zu erhalten. Alle Nahrungsmittelgruppen sollten diesem Beispiel-Mahlzeitenplan hinzugefügt werden, um sicherzustellen, dass alle anderen Nährstoffbedürfnisse erfüllt werden. Diese Übersicht dient lediglich als Beispiel dafür, wie Sie mehr Protein in Ihren Tag integrieren können.

‌‌‌‌Vorteile für die Gesundheit durch vermehrten Verzehr von vegetarischem Protein

Ernährungsformen mit Fokus auf pflanzlichen Nahrungsmitteln erfreuen sich zunehmender Beliebtheit, was wirklich gut sein könnte. Es hat sich gezeigt, dass eine Person, die sich vegetarisch ernährt, ein geringeres Risiko für chronische Krankheiten wie Diabetes und Herzkrankheiten hat. Diese Bevölkerungsgruppe hat in der Regel auch ein niedrigeres Low-Density-Lipoprotein-Cholesterin (LDL oder auch schlechtes Cholesterin) sowie einen niedrigeren Blutdruck. Die gesundheitlichen Vorteile stammen wahrscheinlich daher, dass in einer vegetarischen Ernährung weniger gesättigte Fettsäuren und Cholesterin und dafür mehr Obst, Gemüse, Vollkorngetreide, Nüsse, Sojaprodukte, Ballaststoffe sowie Antioxidantien gegessen werden.

‌‌‌‌Vorteile für die Umwelt bei der Entscheidung für pflanzliches Protein

Jede Nahrungsmittelwahl, die wir treffen, hat eine Auswirkung auf unsere Umwelt. Die tierische Landwirtschaft trägt wesentlich zum Ausstoß von Treibhausgasen bei. Die Herstellung tierischer Produkte, insbesondere die von rotem Fleisch, sprich Rind-, Lamm- und Ziegenfleisch, verursacht einen höheren Treibhausausstoß als die pflanzlicher Proteine. Diese tierischen Proteine verursachen nicht nur einen höheren Ausstoß, sondern sorgen auch dafür, dass viel mehr natürliche Ressourcen benötigt werden, und tragen so zur Entwaldung, zum Artensterben und zur Süßwasserverschmutzung bei. Die Wahl Ihrer Nahrungsmittel hat nicht nur direkten Einfluss auf Ihre Gesundheit, sondern auch auf die Gesundheit unserer Erde.

‌‌‌‌5 Tipps für neue Vegetarier

Wenn Sie gerade erst damit beginnen, vegetarisches Protein statt Fleischprotein zu essen, probieren Sie diese Tipps aus, die die fleischlose Ernährung leichter machen. 

  1. Essen Sie während der Woche eine fleischlose Mahlzeit.
  2. Tauschen Sie Zutaten Ihrer Lieblingsrezepte aus: Ersetzen Sie z. B. Hackfleisch durch grüne Linsen, texturiertes Sojaprotein oder Bohnen.
  3. Suchen Sie sich ein vegetarisches oder veganes Kochbuch oder einen Blog raus. Dort können Sie großartige neue Rezepte oder Inspiration finden.
  4. Suchen Sie sich ein Netzwerk Gleichgesinnter oder eine*n Freund*in mit der gleichen Einstellung. Jemanden zu haben, der die gleichen Ideale oder moralischen Werte in Bezug auf Lebensmittel hat, kann es Ihnen leichter machen, sich vegetarisch zu ernähren.
  5. Wenden Sie sich an eine*n zugelassene*n Ernährungsberater*in, um sicherzustellen, dass Sie Ihren täglichen Bedarf an Makro- und Mikronährstoffen decken können. 

Quellenangaben:

  1. Berryman CE, Lieberman HR, Fulgoni VL 3rd, Pasiakos SM. Protein intake trends and conformity with the Dietary Reference Intakes in the United States: analysis of the National Health and Nutrition Examination Survey, 2001–2014. Am J Clin Nutr. 2018; 108(2):405–413. doi:10.1093/ajcn/nqy088
  2. Callaway, J.C. Hempseed as a nutritional resource: An overview. Euphytica 140, 65–72 (2004). https://doi.org/10.1007/s10681-004-4811-6
  3. Mariotti, F., & Gardner, C. D. (2019). Dietary Protein and Amino Acids in Vegetarian Diets-A Review. Nutrients, 11(11), 2661. https://doi.org/10.3390/nu11112661
  4. Position of the American Dietetic Association: Vegetarian Diets. (1. Juli 2009). Journal of the Academy of Nutrition and Dietetics. https://jandonline.org/article/S0002-8223(09)00700-7/fulltext#articleInformation
  5. Waite, R., M. Beveridge, R. Brummett, S. Castine, N. Chaiyawannakarn, S. Kaushik, R. Mungkung, S. Nawapakpilai, and M. Phillips. 2014. „Improving Productivity and Environmental Performance of Aquaculture.“ Working Paper, Installment 5 of Creating a Sustainable Food Future. Washington, DC: World Resources Institute.